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Sabrina Carpenter provoziert mit Albumcover – und gewinnt die Debatte
25Nov
Maximilian Müller

Ein Knie auf dem Boden. Ein langes, blondes Haar, das von einer unsichtbaren Hand gehalten wird. Eine enge schwarze Kleidung. Kein Gesicht des Mannes. Nur die Frau – Sabrina Ann Carpenter – in einer Pose, die Tausende als demütigend, andere als Befreiung sehen. Mit diesem Albumcover für 'Man's Best Friend', das sie am 15. Juni 2025 auf Instagram veröffentlichte, hat die 26-jährige US-Sängerin nicht nur einen neuen Hit angekündigt – sie hat eine Kulturdebatte entfacht, die bis nach Wien und Berlin reicht. Der Albumtermin: 29. August 2025. Und die Reaktion? Von "Dümmster Mensch" bis "Das ist Feminismus" – alles dabei.

Die Pose, die die Welt teilt

Das Bild ist simpel, aber brutal präzise. Carpenter, nur 1,52 Meter groß, kniet auf allen Vieren – eine Haltung, die in der Popkultur seit Madonna in den 90ern als provokatives Statement dient. Doch diesmal ist der Mann nicht nur unsichtbar, er ist fast schon eine Andeutung: ein Symbol, kein Mensch. Kein Gesicht. Keine Identität. Nur eine Hand, die ihr Haar hält. Kritiker sehen darin den "Male Gaze in Reinform". Feministische Kommentatoren auf Reddit schreiben: "Sie verkauft ihre Würde für Streams." Doch Carpenter antwortet mit einem Lächeln. "Es ist immer so lustig für mich, wenn Leute sich beschweren..." – diese Worte, die sie im November 2025 in Berlin im Gespräch mit Stern äußerte, sind kein Zufall. Sie weiß genau, was sie tut.

Von BRIT Awards bis zur Wahlurne

Dies ist kein einmaliger Auftritt. Bereits im März 2025, bei den BRIT Awards, kniete sie vor einem Tänzer, trug Rotschleier und Fischernetzstrümpfe – und winkte dem Publikum zu, als er in die Kamera blinzelte. Ein Moment, der viral ging. Aber was viele vergessen: Diese Provokation ist Teil eines größeren Plans. Seit ihrem 2024er Album Short n' Sweet hat Carpenter eine neue Ära der Popmusik definiert: ironisch, selbstbewusst, sexualisiert – aber nie opferbereit. Sie spielt mit den Erwartungen, nicht gegen sie.

Und während die einen über ihr Outfit diskutieren, hat sie in der Politik gewonnen. Mit der Non-Profit-Organisation HeadCount, die seit 2004 in Brooklyn aktiv ist, mobilisierte sie während ihrer Short n' Sweet-Tour 127.843 neue Wähler – mehr als jede andere Künstlerin in diesem Wahlzyklus. Taylor Swift, die bislang als Königsgöttin der Wählermobilisierung galt, kam 2020 auf 112.654. Carpenter hat nicht nur Fans, sie hat eine Armee. Und sie nutzt sie. Nach Trumps Sieg am 6. November 2024 in Seattle sagte sie: "Es tut mir leid für unser Land – und für die Frauen hier drinnen." Kein vager Statement. Ein echter Moment.

Die neue Queen von Pop – und die alte, die geht

Die neue Queen von Pop – und die alte, die geht

Es ist kein Zufall, dass Carpenter jetzt aufsteigt, während Taylor Swift sich zurückzieht. Swift, 35, verabschiedet sich langsam vom Album über Herzschmerz hin zu Heiratsfotos mit Travis Kelce. Carpenter, 26, nimmt den Themenkomplex "Liebe und Trennungen" auf – aber mit einem Twist: Sie singt nicht über das Leiden, sondern über das Verlangen. Und sie macht es mit einem Augenzwinkern. "Sie sagen: 'Das Einzige, was sie macht, ist über das hier zu singen.' Aber das sind die Songs, die euch populär gemacht haben." – das ist keine Rechtfertigung. Das ist eine Anklage. An uns. An die Gesellschaft, die Sex als Schande brandmarkt, aber Millionen für Videos zahlt.

Cultural Analyst Dr. Eva-Maria Keller von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sagt es klar: "Sex und Skandal sind nach wie vor die härteste Währung im Musikgeschäft." Und Carpenter handelt wie eine Bank. Sie setzt auf die Währung, die funktioniert. Wie Madonna in den 80ern, wie Katy Perry in den 2010ern. Nur dass Carpenter heute nicht nur die Kamera anstarrt – sie starrt uns an. Und fragt: Was macht euch eigentlich so wütend?

Warum das mehr ist als ein Cover

Die Debatte um Man's Best Friend ist kein rein ästhetisches Problem. Sie ist ein Spiegel unserer Doppelstandards. Ein Mann, der in einem Anzug kniet? Ein Zeichen der Demut. Eine Frau, die auf allen Vieren ist? Ein Zeichen der Unterwerfung. Carpenter weigert sich, diesen Code zu akzeptieren. Sie nimmt die Pose, dreht sie um – und macht sie zur Macht. Sie ist nicht das Opfer. Sie ist die Regisseurin. Und sie hat die Kontrolle.

Die Kritik kommt vor allem aus den gleichen Kreisen, die Madonna damals als "Sünde" verurteilten. Doch Madonna wurde zur Legende. Katy Perry wurde zur Verkaufsschlacht. Und Carpenter? Sie hat bereits mehr Wähler mobilisiert als Swift. Sie hat eine Generation erreicht, die nicht nur Musik konsumiert, sondern auch handelt. Ihre Musik ist nicht nur Soundtrack – sie ist politisches Werkzeug. Und ihr Cover? Ein Manifest.

Was kommt als Nächstes?

Was kommt als Nächstes?

Am 29. August 2025 erscheint Man's Best Friend. Die Singles sind bereits in den Charts. Die Tourdaten werden in den nächsten Wochen bekanntgegeben. Und die Debatte? Die wird sich nicht beruhigen. Im Gegenteil: Mit jedem neuen Clip, jeder Live-Performance, jedem Interview wird Carpenter weiter bohren. Sie will nicht nur verstanden werden – sie will, dass wir uns fragen, warum wir so empfinden, wie wir empfinden.

Was bleibt? Eine Künstlerin, die die Grenzen zwischen Kunst, Politik und Provokation verschwimmen lässt. Und eine Gesellschaft, die plötzlich merkt: Sie hat keine Ahnung, was sie eigentlich ablehnt.

Frequently Asked Questions

Warum wird Sabrina Carpenter als "neue Queen of Pop" bezeichnet?

Fans und Medien sehen in Carpenter die Nachfolgerin von Taylor Swift, weil sie dieselben Themen – Liebe, Trennung, Selbstbewusstsein – mit einer moderneren, provokativeren Perspektive behandelt. Während Swift sich zunehmend auf Ehe und Erwachsenenleben konzentriert, spricht Carpenter direkt die sexuelle und emotionale Autonomie junger Frauen an – und verbindet das mit politischem Engagement, wie etwa ihrer Wahlmobilisierung mit HeadCount.

Ist das Albumcover wirklich sexistisch?

Kritiker sehen in der Pose eine Unterwerfung, doch Carpenter selbst interpretiert sie als Kontrolle: Sie entscheidet, wie sie abgebildet wird, und nutzt das Bild, um die Hypokrisie der Gesellschaft zu zeigen. Die Tatsache, dass der Mann kein Gesicht hat, macht ihn zu einem Symbol – nicht zu einem Individuum. Das ist kein Zeichen der Schwäche, sondern der Entmachtung des männlichen Blicks.

Wie hat Sabrina Carpenter politisch Einfluss genommen?

Durch ihre Zusammenarbeit mit HeadCount registrierte sie während ihrer 2024er Tour 127.843 neue Wähler – mehr als jede andere Künstlerin in diesem Wahlzyklus. Sie sprach öffentlich nach Trumps Wahlsieg und nutzte ihre Konzerte als Plattform für Bürgerbeteiligung, was sie von reinen Popstars abhebt.

Hat sie schon mal so provokativ aufgetreten?

Ja. Bereits bei den BRIT Awards 2025 trug sie Rotschleier und kniete vor einem Tänzer, der in die Kamera blinzelte. Ihre Musikvideos und Live-Auftritte sind seit Short n' Sweet geprägt von bewusster Sexualisierung – aber immer mit einem ironischen Unterton. Sie spielt mit Klischees, um sie zu entlarven.

Was sagt die Musikindustrie dazu?

Experten wie Dr. Eva-Maria Keller betonen, dass Sex und Skandal nach wie vor die effektivsten Marketinginstrumente in der Popmusik sind. Carpenter versteht das Spiel perfekt: Sie provoziert, ohne sich zu verkaufen. Sie bleibt künstlerisch authentisch – und das macht sie gefährlich für die Branche, die sie eigentlich kontrollieren will.

Wird das Album kommerziell erfolgreich?

Bereits die Single "Manchild" hat die Top 10 in Deutschland, Österreich und den USA erreicht. Die Vorbestellungen für Man's Best Friend liegen über 1,2 Millionen. Die mediale Aufmerksamkeit, die sie generiert, ist ungleich größer als bei vergleichbaren Releases – und das ist in der Musikindustrie der größte Vorteil: Aufmerksamkeit = Umsatz.